Digitale Finanzinstrumente im deutschen Immobilienmarkt

Der deutsche Immobilienmarkt boomt seit Jahren. Nationale und internationale Investoren haben großes Interesse an Wohnflächen, insbesondere im städtischen Raum. Dazu sind Finanzierungen durch die langanhaltend niedrigen Zinsen günstig. Nun gewinnt eine neue Finanzierungsform Bedeutung: Die Emission digitaler Wertpapiere über eine Blockchain. Kosteneffizient und mit der Möglichkeit zur Erschließung neuer Investorenschichten, besitzen sie das Potential die Finanzierung von Immobilienprojekten grundlegend zu verändern.

Was bedeutet „Ausgabe über eine Blockchain“ eigentlich?

Zunächst einmal klären wir den Begriff der «Blockchain». Eine Blockchain ist ein dezentrales Netzwerk und ähnelt den Peer-to-Peer Netzwerken, in denen Teilnehmer untereinander Musik und Filme austauschen können. Das Besondere ist die Dezentralität. Es gibt keine übergeordnete Instanz die regulierend oder manipulierend eingreifen kann. Die in Finanzinstrumenten verkörperten Rechtsansprüche, der Besitz und die Übertragung wird rechtssicher in einer Blockchain ausgeführt und protokolliert, ohne dass es dritter Parteien wie Anwälte, Notare und Banken bedarf.

Gibt beispielsweise ein Immobilienentwickler eine digitale Anleihe auf einer Blockchain heraus, wird diese durch einen Token repräsentiert. Der Besitzer des Token hat Anspruch auf die in der Anleihe verbrieften Rückzahlungen. Nur der Eigentümer des Token kann diesen an einen neuen Besitzer übertragen. Das zugrundeliegende Prinzip ist von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum bekannt. Token können grundsätzlich Stellvertreter für alle möglichen Vermögenswerte sein, z.B. Immobilienbesitz, ein Darlehen zur Projektentwicklung oder ein Genussrecht zur Teilhabe an Betriebsgewinnen. Bei einer Übertragung werden ebenfalls alle verbundenen Rechte übertragen. Im Beispiel des Darlehens der laufende Verzinsungs- und Rückzahlungsanspruch. Für das Einfordern reicht der Besitznachweis des digitalen Instruments.

Wie funktioniert die «Digitalisierung» realer Güter?

Repräsentiert ein Token ein Finanzinstrument und wird als Wertpapier, englisch Security, klassifiziert, wird dies als «Security Token» bezeichnet und fällt unter die Kontrolle der Finanzmarktaufsicht. In Deutschland ist dies die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFIN), die insbesondere die Einhaltung der Regelungen zum Anlegerschutz überwacht. Bietet ein Emittent einen Security Token öffentlich zum Kauf an, bedarf es in der Regel eines Wertpapierprospekts. Bislang war der Handel solcher Investitionen auf einem Sekundärmarkt börsennotierten Wertpapieren vorbehalten.

Security Token können Eigen- oder Fremdkapitalcharakter besitzen. Üblicherweise wird Fremdkapital zu einem fixen Zinssatz verliehen, der unabhängig von der Ertragslage fällig wird. Im Unterschied dazu wird ein Anleger durch Eigenkapital am Erfolg der Unternehmung beteiligt. Bei Immobilienprojekten wird hierfür eine spezielle Projektgesellschaft gegründet, ein sogenanntes Special Purpose Vehicle (SPV). Anleger können über das SPV am Erlös eines Projektes durch Verkauf oder Vermietung langfristig am Erfolg beteiligt werden.

Dazu gründet der Unternehmer eine Projektgesellschaft und hält die Gesellschaftsanteile. Die Gesellschaft emittiert das digitale Finanzinstrument in Form eines Security Token, der die Partizipationsrechte und -pflichten rechtsverbindlich verbrieft. Die Anleger investieren in das digitale Instrument und erhalten im Gegenzug die Anteile. Die Wertschöpfung findet statt, indem die Projektgesellschaft Immobilien entwickelt und vermietet, bzw. verkauft.

Was sind die Vorteile von Security Token?

Security Token weisen alle Vorteile klassischer börsennotierter Wertpapieren auf. Die Emissionskosten sind stark reduziert und es wird kein Zentralverwahrer für die Einlagerung des Wertpapiers mehr benötigt, was zusätzlich die laufenden Kosten verringert. Security Token ermöglichen die Ausgabe eines Wertpapiers auch für Projekte mit kleinen Emissionsvolumen. Anleger können die Token einfach via Smartphone erwerben und handeln. Im Vergleich zu traditionellen vertraglichen Vereinbarungen sind Token sehr einfach übertragbar (und damit rechtsverbindlich überschrieben). Die Übertragung gleicht der Versendung eines Fax, mit dem Unterschied, dass statt einer Kopie das Original und alle damit verbundenen Rechte übertragen werden.

Die Mehrzahl klassischer Finanzinstrumente im Immobilienbereich sind per se nicht liquide, Anleger können diese also nicht ohne weiteres veräußern. Die fehlende Übertragbarkeit erhöht für den Anleger das Risiko, verbunden mit einer höheren Renditeerwartung – die vom Markt erwartete Verzinsung steigt. Im Gegensatz dazu, sind digitale Instrumente liquide, da diese auf speziellen Plattformen gehandelt und zu günstigeren Konditionen ausgegeben werden können. Moderne Lösungen bieten eine solche Plattform als Whitelabellösung und bindet diese nahtlos in die Website der Projektgesellschaft ein.

Die Projektgesellschaft unternimmt die initiale Platzierung des Instruments vollautomatisch über die Plattformlösung und ermöglicht den Investoren die Papiere untereinander zu handeln. Der Emittent darf die Anlagemöglichkeit zudem in 31 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) einheitlich und öffentlich vertreiben. Darüber hinaus sind Token depotfähig und können auf spezialisierten Börsen vertrieben werden. Es steht den Unternehmen frei, die Token ebenso über traditionelle Vertriebskanäle oder Vermittler zu platzieren.

Vorteile von Security Token Offerings für Immobilienfinanzierung

Immobilienentwickler bekommen durch Security Token Zugang zu einem breiteren Kreis an potentiellen Investoren. Die Finanzierung wird schneller und breitflächiger aufgestellt.

Die Blockchain-Technologie ermöglicht es Anlegern per Knopfdruck online Beträge ab 100€ zu investieren. Der Anleger erhält Zugriff auf sein Konto und kann zu jederzeit seine Ein- und Auszahlungen beobachten. Dividenden und Rückzahlungen können täglich und direkt aufs Smartphone erfolgen. 

Fazit

Security Tokens eröffnen neue Möglichkeiten für die Finanzierung von Immobilienprojekten. Sie ermöglichen die Ausgabe und den Handel von börsennotierten Instrumenten zu einem Bruchteil der sonst üblichen Kosten. Die Ausgestaltung der Instrumente ist sehr flexibel und kann Darlehens- oder Eigenkapitalcharakter haben. Über eine spezielle Plattformlösung kann der Vertrieb und der Handel mit wenigen Klicks vom Projektentwickler selbst durchgeführt werden – dank einheitlicher EU-Regelungen in bis zu 31 Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums. Unternehmen erschließen auf diese Weise neue Investorensegmente, sowohl Internationale, als auch Kleinanleger. Durch die Tokenisierung profitieren auch Kleinanleger von hohen Renditen am Immobilienmarkt.